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In der Drogenpolitik zeichnet sich eine Kehrtwende ab.

Berichten zu folge ist sich die kommende Ampel-Regierung einig, den Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken zu legalisieren. In der Folge soll Cannabis in lizensierten Geschäften verkauft werden dürfen. Das ist eine Abkehr vom prohibitiven Anteil der bisherigen Cannabispolitik, der darauf zielte, durch Illegalisierung den Cannabismarkt zurückzudrängen und die Griffnähe zu erschweren, um einen Konsum in möglichst großen Teilen der Bevölkerung zu verhindern. Besitz und Verkauf gelten bislang als Straftaten. Eine entsprechende Arbeitsgruppe, bestehend aus den Parteien SPD, Bündnis 90/Grüne und FDP hielt diesen Beschluss gestern in einem Ergebnis-Papier fest.

Der SKM Köln bezieht Stellung zu dieser Entscheidung und formuliert folgende Kernforderungen:

  1. Wir fordern bei auftretenden Problemen mit Suchtmittelkonsum eine möglichst schnelle, umfassende und effektive Hilfe. Der Zugang zum Hilfesystem muss dabei möglichst niederschwellig ermöglicht werden.
  2. Wir fordern fest definierte, zusätzliche Beträge (aus staatlichen Einnahmen) die dauerhaft in eine fachliche, sinnhafte Prävention fließen. Denn vermutlich wird es – ähnlich wie beim Zugang zu Alkohol – eine besondere Herausforderung sein den Jugendschutz umfänglich zu gewährleisten.
  3. Wir fordern das Einsetzen einer Enquette-Komission, um erwünschte und unerwünschte Folgen der politischen Entscheidung der Legalisierung zu eruieren und Maßnahmen zur Minimierung der unerwünschten Folgen zu entwickeln.

Fazit: Wenn es gelingt, die gesundheitlichen und sozialen Folgen einer Legalisierung von Cannabis für Konsumierende aller Altersklassen durch geeignete präventive Maßnahmen sowie gesicherte Beratung und Behandlung handhabbar zu machen, unterstützt der SKM Köln diesen Schritt.

Ausführung:

Der Beschluss muss aus Sicht des SKM Köln unter den Gesichtspunkten betrachtet werden, welche Auswirkungen damit verbunden sind:

  • für Cannabis-konsumierende Menschen
  • auf die Prävention bezüglich des Konsums psychoaktiver Substanzen, gerade bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Dabei ist aus unserer Sicht zu erwarten, dass Maßnahmen, die für die eine Seite gut sind, aus der jeweils anderen Perspektive problematisch sein können.

  • Die Illegalisierung von Cannabis und die damit verbundene Strafverfolgung bei Besitz und Weitergabe stellt für Konsumenten von Cannabis auch bei vergleichsweise unproblematischen Konsummustern eine erhebliche Gefährdung dar. Sie laufen Gefahr, Opfer von Strafverfolgung zu werden (mit den damit verbundenen, negativen Konsequenzen) und sind gezwungen, sich auf dem Schwarzmarkt mit Substanzen unbekannter Qualität zu
    versorgen, was zusätzliche, gesundheitliche und soziale Risiken birgt. Eine Freigabe von Cannabis reduziert diese Risiken.
  • Die Illegalität von Cannabis ist andererseits ein präventiver Baustein zur Konsumverhinderung, weil eine zusätzliche Hemmschwelle zum Konsum aufgebaut wird. So geben nach Studienergebnissen der BzGA 63% der 12-17-jährigen an, schon einmal Alkohol
    getrunken zu haben (9,5% sogar mindestens einmal wöchentlich), wohingegen nur 10,4% aus dieser Altersklasse jemals Cannabis konsumiert haben. Zudem führt die Illegalität dazu, dass Jugendliche, deren Konsum von Cannabis auffällig wird, im Sinne der Suchtprävention und Frühintervention einen frühzeitigen Zugang zum Hilfesystem finden (müssen) und so frühzeitig negative Entwicklungen beeinflusst oder gar
    verhindert werden können.
  • Eine Freigabe könnte zu einem früheren und höheren Cannabis-Konsum führen, weil die Hemmschwelle der Illegalität wegfällt und der Gedanke vorherrschen könnte, dass das, was erlaubt ist auch „nicht so schlimm“ sein kann. Vor allem bei jungen Konsumenten legen Studien aber das Risiko gravierender Einflüsse durch Cannabis auf die Hirnentwicklung nahe. Deshalb sind Maßnahmen, die nur die eine oder nur die andere Seite in den Blick nehmen, abzulehnen.

Der SKM Köln schließt sich stattdessen den Forderungen an, die schon seit einigen Jahren von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen und anderen Suchtfachverbänden wie der  Caritas-Suchthilfe (CaSu) erhoben werden und in denen 4 grundlegende Ziele formuliert werden, die gleichermaßen verfolgt werden müssen:

  1. Weniger Menschen konsumieren Suchtmittel. Alle Menschen, die nicht konsumieren, werden in ihrer Entscheidung bestärkt, keine Suchtmittel zu sich zu nehmen.
  2. Menschen, die Suchtmittel konsumieren, beginnen den Konsum möglichst spät, weisen möglichst risikoarme Konsummuster auf und konsumieren nur in Situationen und unter Bedingungen, in denen Risiken nicht zusätzlich erhöht werden.
  3. Konsumierende, deren Suchtmittelkonsum zu Problemen führt, erhalten möglichst früh effektive Hilfen zur Reduzierung der mit dem Konsum verbundenen Risiken und Schäden.
  4. Konsumierende, die ihren Konsum reduzieren oder beenden möchten, erhalten uneingeschränkten Zugang zu Beratung, Behandlung und Rehabilitation nach den jeweils aktuellen wissenschaftlichen Standards.

Eine Legalisierung von Cannabis muss mit diesen Zielen in Einklang gebracht werden, um die damit verbundenen positiven Effekte für Konsumierende nicht durch negative Effekte in der Prävention, Beratung und Behandlung zu gefährden.
Deshalb unterstützt der SKM Köln die Forderung der DHS und der Fachverbände nach Einsetzung einer Enquete-Kommission , um erwünschte und unerwünschte Folgen der politischen Entscheidung der Legalisierung zu eruieren und Maßnahmen zur Minimierung der unerwünschten Folgen zu
entwickeln. Hier sind vor allem Aspekte der Verhaltens- und Verhältnisprävention sowie eines – auch in Krisenzeiten – sichergestellten Beratungs- und Behandlungssystems zu berücksichtigen.

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