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SKM-Fachtag Gewaltzunahme in der Gesellschaft: Wahrnehmung oder Realität?

Fakten – Herausforderungen – Lösungsansätze

Mord und Totschlag, Killerspiele und Amokläufer, Vergewaltigung und Kindesmisshandlung: An all das denkt man beim Wort Gewalt. Und nahezu jeden Tag passiert – gefühlt – irgendwo etwas Drastisches: Menschen werden auf offener Straße erschossen, Polizisten, Feuerwehrmänner und andere Helfer angegriffen. Gewalt gegen Helfer gehört sowieso in Deutschland fast zum Alltag. Auch die Zahl der Gewalttaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen und andere Minderheiten, ist zuletzt stark gestiegen. Dem gegenüber ist eine Gruppe in Zusammenhang mit Gewalt besonders in den Fokus geraten: Jugendliche werden viel häufiger kriminell auffällig als irgendeine andere Altersgruppe, insbesondere bei Gewaltdelikten. Dass Jugendliche Grenzen übertreten, ist normal: Es gehört zum Erwachsenwerden dazu. Dass die Täter immer jünger und immer brutaler werden, ist jedoch ein Problem. Nicht nur für die Opfer – meist ebenfalls Jugendliche – sondern für die gesamte Gesellschaft.

Grund genug für den SKM Köln sich des Themas auf seinem Fachtag 2019 anzunehmen „Gewaltzunahme in der Gesellschaft: Wahrnehmung oder Realität?“ – so lautete der Titel des Diskurses. Denn ist die Gewalt wirklich mehr geworden? Oder nehmen wir das nur so wahr? In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap haben 50 Prozent der Deutschen auf die Frage, ob in den vergangenen ein oder zwei Jahren in ihrem Umfeld oder in ihrem Alltag Respektlosigkeit, Hass und Gewalt zugenommen haben, mit „Ja“ geantwortet. Weiterhin gaben ein Drittel der Umfrageteilnehmer an, schon persönlich von Gewalt oder Respektlosigkeit betroffen gewesen zu sein. Vier Prozent sagten in der Umfrage, dass sie im vergangenen Jahr selbst Opfer von körperlicher Gewalt geworden sind.

Die Fakten indessen sprechen eine andere Sprache: Nicht die Gewalt eskaliert, wohl aber die Diskussion darüber, erklärte Prof. Dr. Dirk Baier vom ZHAW Soziale Arbeit I Institut für Delinquenz und Kriminalprävention in Zürich in seinem Einstiegsvortrag „Immer mehr, immer brutaler? Zur Entwicklung der Gewalt in Deutschland“. Die Präsentation finden Sie hier

In Kurzreferaten mit anschließendem Workshop-Teil konnten sich die Teilnehmenden anschließend konkreten Themenfeldern annähern

  • „Männer als Opfer häuslicher Gewalt: Ein verborgenes Thema wird sichtbar
    Referent: Hans-Joachim Lenz, www.geschlechterforschung.net
  • „Jugendliche Gewalt als Identifikationsmerkmal bei der Persönlichkeitsentwicklung“
    Referent: Prof. Dr. Dirk Baier, www.zhaw.ch/de/ueber-uns/person/baid
  • „Gewalt-Entwicklungen – Hintergründe, Kontexte, Umgangsoptionen“
    Referent: Dr. Bernd Westermann, Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin e. V., https://drogennotdienst.de/

Moderation: Dr. Marc Möres, Malteser Akademie, Engelskirchen, https://www.malteser-akademie.de/

Fazit: Gewalt ist ein Thema, das nicht nur die Politik und Verwaltung, sondern auch soziale Organisationen und andere Akteure der Gesellschaft beschäftigen muss. Präventionsmaßnahmen, beispielsweise in Einrichtungen, funktionieren, aber der Diskurs darüber, was Gewalt ist und wie man ihr begegnet, muss weiter geführt werden. Auf dem Fachtag entstand auch die Idee, sich noch einmal ganz grundsätzlich mit Wertevorstellungen auseinanderzusetzen und dafür zu sensibilisieren. Dies gelte für sichtbare und eher verborgene Themen wie „Männer als Opfer von Gewalt“. Ein genaues und differenziertes Hinschauen sei notwendig. Gewalt, gleich in welcher Form sie vorkommt, muss wahrgenommen und Lösungsansätze dafür müssen gefunden werden.

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